Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2016 / 12
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Anlass
2.All­ge­meines
3.Beant­wor­tung der Fragen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Interpellationsbeantwortung der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zur Verteilungsgerechtigkeit von Vermögen und Einkommen
 
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Die Beantwortung der Interpellation der Landtagsabgeordneten Helen Konzett-Bargetze, Thomas Lager und Wolfgang Marxer zeigt in erster Linie auf, dass die Liechtensteinische Steuerstatistik mit ihrem hohen Detaillierungsgrad über eine umfangreiche Datengrundlage verfügt, welche alle steuerlichen Elemente umfasst.
Die in der Begründung der Interpellation geäusserte Kritik, wonach die Steuerstatistik beträchtliche Lücken aufweist, wird mit der vorliegenden Interpellationsbeantwortung klar widerlegt. Die Datenerfassung erfolgt aufgrund des liechtensteinischen Steuersystems im Rahmen des geltenden Steuerrechts. Dass bei der Vermögensbesteuerung Bewertungsfragen und die Höhe des Sollertrags eine Rolle spielen, ist unbestritten. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Vermögenssteuer in Liechtenstein relativ hoch und vor allem sehr ergiebig ist. Wie bereits im Rahmen einer Kleinen Anfrage durch die Regierung dargelegt wurde, erbringt die Vermögensbesteuerung alleine ca. einen Drittel des gesamten Steueraufkommens der natürlichen Personen. Unter Berücksichtigung des Progressionseffektes beträgt dieser Anteil sogar nahezu die Hälfte des Steueraufkommens. Eine noch höhere Besteuerung der Vermögen durch Verstärkung der Progression oder andere Massnahmen, wie von den Interpellanten ausgeführt, ist deshalb nicht angezeigt.
Die Steuerstatistik zeigt, dass einerseits 43.6% respektive 7053 Haushalte in die Vermögensklasse bis CHF 50'000 fallen und andererseits der Anteil von hohen Vermögen über CHF 1 Mio. mit 11.2% respektive 1812 Haushalten ebenfalls relativ hoch liegt. Dazwischen gibt es in den einzelnen Klassen eine gut abgestufte Vermögensverteilung. Im Vergleich mit der Schweiz und Österreich ist der Anteil der Haushalte mit geringen Vermögen in Liechtenstein in etwa gleich, wobei aufgrund verschiedener Datengrundlagen ein direkter Vergleich relativiert werden muss.
Die Erwerbsverteilung zeigt, dass 73% der liechtensteinischen Haushalte über einen Erwerb von mehr als CHF 60'000 verfügen. Bei der Erwerbsklasse bis CHF 30'000 beträgt dieser Anteil 8.9% und in der Erwerbsklasse von CHF 30'000 bis CHF 60'000 18.1%. Die kürzlich veröffentliche Studie des Liechtenstein-Instituts-
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über das verfügbare Einkommen zeigt auf, dass im Vergleich mit der Schweiz und insbesondere mit dem benachbarten Kanton St. Gallen, dieses Einkommen in Liechtenstein deutlich höher ist, was hauptsächlich auf die tiefe Steuerbelastung und die Prämienbefreiung der Kinder bei der Krankenkasse zurückzuführen ist.
Auf die Auswirkungen der Sparpakete wird in der Beantwortung der Fragen 7 und 8 eingegangen. In einer Tabelle werden die finanziellen Auswirkungen der Massnahmen mit genereller Betroffenheit auf verschiedene Kategorien (Einzelperson, Ehepaar ohne Kinder, Ehepaar mit 2 Kindern, Alleinerziehende mit 2 Kindern) und unterschiedlichen Einkommensklassen (CHF 50'000 bis CHF 200'000) aufgezeigt. Eine vertiefte Betrachtung dieser Thematik erfolgt im Abschlussbericht der Regierung zum Projekt zur Sanierung des Landeshaushalts (Massnahmenpakete I bis III), welcher von der Regierung ebenfalls anfangs Februar 2016 zu Handen des Landtages verabschiedet wurde (BuA Nr. 8/2016).
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Behörden
Amt für Statistik
Steuerverwaltung
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Vaduz, 3. Februar 2016
 
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Interpellationsbeantwortung zu unterbreiten.
1.Anlass
Am 26. August 2015 haben die Abgeordneten Helen Konzett-Bargetze, Thomas Lageder und Wolfgang Marxer der Fraktion "Freie Liste", gestützt auf Art. 45 der Geschäftsordnung vom 19. Dezember 2012 für den Liechtensteinischen Landtag, eine Interpellation zur Verteilungsgerechtigkeit von Vermögen und Einkommen eingereicht. Die Interpellation hat folgenden Wortlaut:
Gestützt auf Artikel 45 der Geschäftsordnung vom 19. Dezember 2012 für den Liechtensteinischen Landtag, Landgesetzblatt 2013 Nr. 9, reichen die unterzeichneten Abgeordneten eine Interpellation ein und laden die Regierung ein, nachfolgende Fragen zur Datenlage bezüglich Verteilungsgerechtigkeit von Vermögen und Einkommen sowie zu den Auswirkungen der Sparmassnahmen auf die Verteilung des verfügbaren Einkommens zu beantworten:
1. Welche Aussagekraft haben die neu in die Steuerstatistik aufgenommenen Auswertungen bezüglich Vermögens- und Erwerbsverteilung?
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2. Welche Vergleichsmöglichkeiten - zeitlich und räumlich - bieten die Daten zur Vermögens- und Erwerbsverteilung?
3. Wie hoch ist der Anteil an der Bevölkerung in Liechtenstein, der kaum in der Lage ist, Reserven zu bilden, im Vergleich zur Schweiz und zu Österreich? Welche weiteren Vergleichsmöglichkeiten bieten die absoluten Zahlen zu Vermögen und Einkommen? Welche Ergebnisse zeigen solche Vergleiche?
4. Wie ist das Vermögen in Liechtenstein gemäss den Einkommensklassen verteilt? Wie sind Erwerbs- und Vermögenseinkommen kumuliert verteilt, wenn ein fiktiver Vermögensertrag in der Höhe des standardisierten Vermögensertrags (Sollertrag) angenommen wird?
5. Welche Massnahmen waren nötig, um die Aussagekraft und die Vergleichbarkeit der statistischen Angaben zu erhöhen?
6. Welche Auswirkungen auf die Einkommensverteilung haben angesichts der Antwort auf Frage 4 Steuerentlastungen für die Wirtschaft?
7. Welche Auswirkungen haben die Massnahmen der Sparpakete I bis III auf das verfügbare Einkommen der verschiedenen Einkommensklassen relativ zu ihrem Einkommen?
8. Wurde durch die Sparmassnahmen die ausgleichende Wirkung des staatlichen Handelns abgeschwächt beziehungsweise werden Personen mit niedrigen und/oder mittleren Einkommen durch die Sparmassnahmen relativ stärker belastet?
9. Wie stark ist in Liechtenstein die Progression bei den Vermögens- und Erwerbssteuern im Vergleich mit den anderen deutschsprachigen Ländern und dem europäischen Durchschnitt?
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Begründung:
Vermögen und Einkommen sind in Liechtenstein relativ ungleich verteilt - wahrscheinlich ungleicher als ein unkritischer Blick auf die Steuerstatistik vermuten lässt. Denn die Statistik weist beträchtliche Lücken auf. Um zu gewährleisten, dass Entscheidungen auf einer möglichst guten Grundlage getroffen werden, also politische Entscheide stärker auf Fakten basieren und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft besser abgewogen werden können, müssen diese Lücken geschlossen oder zumindest minimiert werden. Mit diesen Schwächen und deren Behebung beschäftigt sich der erste Teil dieser Interpellation. Entscheidend sind die Erkenntnisse unter anderem für eine Bewertung der Sparpakete. Der zweite Teil der Interpellation zielt darauf ab, aufzuzeigen, wie die Lasten der Massnahmen in der Bevölkerung verteilt werden. Je nach den Ergebnissen des ersten Teils der Interpellation wiegen die Erkenntnisse aus dem zweiten Teil schwerer oder weniger schwer.
Es ist zu begrüssen, dass im Anschluss an eine Beantwortung einer Interpellation der Freien Liste (BuA 5/2012) neu in der Steuerstatistik Auswertungen zur Einkommens- und Vermögensverteilung aufgenommen wurden und damit seither einige zusätzliche Informationen vorliegen. Ein genauerer Blick offenbart jedoch Mängel: Besonders die Angaben zur Vermögensverteilung scheinen sehr ungenau zu sein. Wie der aktuellen Steuerstatistik 2013 (Seite 65) zu entnehmen ist, stützen sich die Angaben zur Vermögensverteilung im Jahr 2012 auf eine Vermögenssumme in der Höhe von 9.28 Mrd. Franken. Gemäss der Postulatsbeantwortung betreffend Sicherung der Progression bei der Einkommens- und Vermögenssteuer (BuA 52/2015) betrug 2012 das "Gesamtvermögen, das auf Ebene der alleinstehenden, alleinerziehenden und gemeinsam steuerpflichtigen Personen besteuert wird", 13.63 Mrd. Franken (Seite 13). In die Berechnung der Vermögensverteilung fliessen damit nur rund 68 Prozent des gesamten versteuerten Vermögens ein.
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Zudem unterlieg das Vermögen einiger Personen nicht der Vermögenssteuer. Neben dem Vermögen des Fürsten und des Erbprinzen (vgl. das Gesetz über die Befreiung des Landesfürsten und des Erbprinzen von der Abgabenpflicht) wird wohl auch das Vermögens von Personen, die gemäss dem Aufwand besteuert werden (mit Ausnahme des im Inland gelegenen Grundeigentums; vgl. Art. 30 des Steuergesetzes), nicht erfasst. Weiters ist bekannt, dass die Steuerschätzwerte von Immobilien - insbesondere unbebauten Grundstücken - nicht dem Verkehrswert entsprechen und damit in der Steuererklärung deutlich unterbewertet sind. Damit reduziert sich der Anteil des erfassten Vermögens am Gesamtvermögen der liechtensteinischen Wohnbevölkerung nochmals wesentlich. Zwar wird auch in anderen Ländern eine 100-prozentige Erfassung des Vermögens kaum möglich sein. Für einen aussagekräftigen Vergleich scheint aber der Anteil des erfassten Vermögens in Liechtenstein deutlich zu klein zu sein. Fraglich ist weiters, ob die Daten zumindest einen Einblick in die Entwicklung geben können - ob also davon ausgegangen werden kann, dass eine Veränderung der Konzentration beim erfassten Teil des Gesamtvermögens auf eine gleiche Veränderung der Konzentration im Gesamtvermögen schliessen lässt.
Es stellt sich weiters die Frage, ob auch bezüglich der Statistik über die Einkommensverteilung ähnliche Vorbehalte vorgebracht werden müssen. Sicher ist, dass ein Vergleich mit Daten zur Verteilungsgerechtigkeit im Ausland nur bedingt vorgenommen werden kann. Denn üblicherweise werden Vermögenseinkommen mitberücksichtigt - unter anderem in der Schweiz. Es stellt sich deshalb die Frage, inwieweit ein Vergleich zwischen Erwerbseinkommen und Gesamteinkommen aussagekräftig ist. Die Regierung wird eingeladen, dazu Stellung zu beziehen.
Um annäherungsweise zu prüfen, ob auch die Verteilung des Gesamteinkommen sin Liechtenstein - und nicht nur des Erwerbseinkommens - in etwa der Verteilung des Einkommens in der Schweiz entspricht, ist eine Auswertung der Vertei-
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lung des in der Steuererklärung deklarierten Einkommens inklusive standardisiertem Sollertrag auf das Vermögens sinnvoll. Zwar unterscheidet sich die Rendite bei verschiedenen Anlagen deutlich. Doch wenn angenommen werden kann, dass bei einem standardisierten Vermögensertrag dem Leistungsfähigkeitsprinz genüge getan ist, kann auch davon ausgegangen werden, dass die Annahme einer bestimmten Rendite zur Klärung der Einkommensverteilung zumindest annäherungsweise ein Bild der Realität liefern kann - oder wenigstens ein besseres Bild als die gegenwärtigen Zahlen. Angesichts des in besagter Interpellationsbeantwortung gemäss Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung ausgewiesenen Vermögenseinkommen der privaten Haushalte - das in den Jahren 2000 bis 2009 durchschnittlich rund 663 Mio. Franken betrug - erscheint ein Sollertrag in der Höhe von 4 Prozent angemessen. Zudem kann eine statistische Auswertung der Verteilung des Vermögens gemäss den Erwerbseinkommensklassen wertvolle Hinweise liefern.
Weiters kann ein Vergleich der absoluten Zahlen zweckmässig sein. Beispielsweise scheint es sinnvoll zu prüfen, wie viele Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner im Vergleich zu Schweizerinnen und Schweizer kaum Reserven bilden können - bei welchem Anteil an der Gesamtbevölkerung beispielsweise das Vermögens geringer als CHF 50'000 ist. Wie die Regierung in der Postulatsbeantwortung betreffend Sicherung der Progression bei der Einkommens- und Vermögenssteuer ausführte, ist es unwahrscheinlich, dass eine Person oder ein Ehepaar das gesamte Vermögen in Vermögensstrukturen anlegt. In der Gruppe jener Personen, die kein oder nur ein sehr geringes Vermögens ausweisen, dürften also fast nur Personen sein, die wirklich über kein nennenswertes Vermögen verfügen. Oben ausgeführte Bedenken bezüglich der Validität spielen in diesem Fall kaum eine Rolle, weshalb solche Vergleiche zweckmässig sind. Die Regierung wird eingeladen weitere Fragen dieser Art - bei der von einer hohen Validität ausgegangen werden kann und die interessante Erkenntnisse liefern können - zu beantworten.
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Ein grosser Teil der Problematik bezüglich Validität und Vergleichbarkeit hat mit dem liechtensteinischen Steuersystem und den mit der Steuererklärung anfallenden Daten zu tun. Doch wie kann das Leistungsfähigkeitsprinzip - eine Vorgabe der Verfassung - eingehalten werden, wenn diese Daten - die Einkommen und Vermögens der steuerpflichtigen Personen, die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Steuerschuld - fehlen? An der Datenlücke, die sich aufgrund der Pauschalbesteuerung öffnet, zeigt sich eindeutig, dass eben dieses Leistungsfähigkeitsprinzip missachtet wird. Bei der Beantwortung der Frage nach Verbesserungsmöglichkeiten der statistischen Grundlage stellt sich also gleichzeitig die Frage nach der Notwendigkeit dieser Daten für eine faire, verfassungsgemässe Besteuerung.
Überhaupt besteht beim Umgang mit Vermögen in Liechtenstein Nachholbedarf auf einer grundsätzlichen Ebene: In Liechtenstein gibt es eine echte Vermögenssteuer, für die kombiniert mit dem Erwerbseinkommen eine Steuerprogression ermittelt wird. Zwar soll diese Vermögenssteuer indirekt auf das Vermögenseinkommen abzielen. Mit einem für alle gleichen Sollertrag wird aber tatsächlich das Vermögen besteuert. Ausgenommen davon sind Immobilien. Anders als andere Anlagen werden Immobilien nach dem Ertragswert - und nicht nach dem Verkehrswert - bewertet (vgl. dazu die Ausführung zu Art. 12 in der Stellungnahme zu den anlässlich der ersten Lesung betreffend die Totalrevision des Steuergesetzes aufgeworfenen Fragen, BuA 83/2010, S. 24 ff.), wobei die Art der Ermittlung dieses Ertragswertes seit einiger Zeit hinterfragt wird. Der Ertrag wird durch Überlegungen auf einer theoretischen Ebene festgesetzt. Von einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Ermittlung - der Erhebung der Mieteinnahmen, was auch eine Beurteilung des Eigenmietwerts zur Folge haben müsste - wird abgesehen. Das jedoch nur für die Berechnung der Steuerschuld. Bei der Ermittlung der Anspruchsberechtigung für Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung werden hingegen die Mietzinsen berücksich-
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tigt (vgl. die Verordnung zum entsprechenden Gesetz, Art. 14bis). Ausschlaggebend ist in letzterem Fall also das tatsächliche (Vermögens-)Einkommen. Nochmals eine andere Art der Bewertung des Vermögens kommt bei der Ermittlung der Anspruchsberechtigung gemäss dem Gesetz über Mietbeiträge für Familien (Art. 5 Abs. 3) zur Anwendung. Es gelangt die Schätzung des Landesschätzers und nicht der Steuerschätzwert zur Anwendung. Nachvollziehbar begründet wird diese unterschiedliche Handhabung nicht. Sie zeigt aber, dass indirekt durch Steuerersparnis vom staatlichen Handeln zu profitieren anders bewertet wird als von staatlichen Leistungen zu profitieren.
Noch schwieriger ist es, aufgrund statistischer Daten die Wirkung des staatlichen Handelns auf das verfügbare Einkommen von Privatpersonen oder der Haushalte nachzuvollziehen. Wie der oben genannte Interpellationsbeantwortung zu entnehmen ist, kann nur allgemein festgestellt werden, "dass Steuern, Sozialleistungen und Transfers grundsätzlich eine ausgleichende Wirkung auf die Verteilung der verfügbaren Einkommen haben" (Seite 40).
Zwar ist es schwierig, die ausgleichende Wirkung des staatlichen Handelns genau zu berechnen. Insbesondere da der Konsum verschiedener staatlicher Leistungen für eine Beurteilung der Wirkung ebenfalls berücksichtigt werden muss und dieser nur stichprobenartig erhoben werden kann, kann in manchen Bereichen und folglich insgesamt die ausgleichende Wirkung nur annäherungsweise bestimmt werden. Unter anderem ist in einem der zentralen Bereiche zur Förderung der Chancengleichheit und damit vor allem aus längerfristiger Sicht einer faireren Einkommens- und Vermögensverteilung - dem Bildungssektor - der Leistungsbezug sehr ungleich verteilt. In höheren Bildungsinstituten sind Personen aus begüterten Verhältnissen stärker vertreten als Personen aus "bildungsfernen Schichten", die gewöhnlich ein tieferes Einkommen erzielen. Deshalb findet eine Umverteilung
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von oben nach unten zumindest nicht in dem Masse statt, wie es die Steuerbelastung unterschiedlicher Einkommensklassen nahe legen könnte.
Wenn es auch nicht möglich ist, die Wirkungen verschiedener Massnahmen anhand statistischer Daten genau aufzuzeigen, ist es doch möglich, auf theoretischer Ebene zu zeigen, welche Wirkungen einzelne dieser Massnahmen zeitigen - vor allem, wenn es möglich ist, vom Leistungsbezug zu abstrahieren. Bezüglich der Massnahmen in den Sparpaketen wurden sogenannte Betroffenenlandkarten erstellt. Die Aussagen dazu, wie sehr verschiedene Einkommensklassen relativ zu ihrem verfügbaren Einkommen durch die Sparmassnahmen belastet werden, sind jedoch sehr kurz gefasst. Mit den Fragen im zweiten Teil dieser Interpellation möchte die Freie Liste Fraktion Klarheit darüber schaffen, ob der erste Eindruck - dass insbesondere Einkommen im unteren Mittelfeld relativ stärker belastet werden - stimmt. Beispielsweise werden jene Personen durch eine Erhöhung der Krankenkassenprämien relativ zum Einkommen am stärksten belastet, deren Einkommen knapp über der Höchstgrenze für eine Prämienverbilligung liegt - Personen aus dem unteren Mittelstand.
Es liegt die Erwartung nahe, dass Personen mit hohem Erwerbseinkommen auch über ein hohes Kapitaleinkommen verfügen, da sie eher die Möglichkeit haben, Rückstellungen zu bilden. Allerdings muss die naheliegende Schlussfolgerung, dass die Einkommensverteilung noch ungleicher ist als derzeit ausgewiesen, überprüft werden. Denn beispielsweise können insbesondere RentnerInnen über ein tiefes Erwerbs- aber ein hohes Kapitaleinkommen verfügen. Sollte sich aber die von den Interpellanten vermutete insgesamt ungleichere Einkommensverteilung in Liechtenstein als in den Nachbarländern bewahrheiten, ist die liechtensteinische Sparpolitik bedenklich. Aufgrund der hohen Steuereinnahmen konnte es sich Liechtenstein leisten, insbesondere das Gesundheits- und das Alterssicherungssystem mit Beiträgen zu unterstützen und damit in Verbindung mit einem
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progressiven Steuersystem - das aufgrund von Abzugsmöglichkeiten wohl weniger progressiv ist, als dies erwartet werden dürfte - für einen sozialen Ausgleich zu sorgen. Wenn nun bei sinkenden Steuereinnahmen dieses Giesskannenprinzip nach und nach eingeschränkt wird, muss mit treffsichereren Instrumenten wie beispielsweise einkommensabhängigen Krankenkassenprämien oder einer stärkeren Progression im Steuergesetz gegengesteuert werden, will Liechtenstein seine Wohnbevölkerung in gleichem Mass am wirtschaftlichen Erfolg des Landes teilnehmen lassen wie andere Länder Europas ihre Wohnbevölkerung.
Stichwörter
Ein­kommen und Ver­mögen, Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit, Interpellationsbeantwortung
Inter­pel­la­ti­ons­be­ant­wor­tung iS Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit von Ver­mögen und Einkommen
Ver­mögen und Ein­kommen, Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit, Interpellationsbeantwortung
Ver­tei­lungs­ge­rech­tig­keit von Ver­mögen und Ein­kommen, Interpellationsbeantwortung