Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2008 / 7
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Anlass
2.All­ge­meines
3.Beant­wor­tung des Postulates
II.Antrag der Regierung
 
Postulatsbeantwortung der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend eines zukunftsgerichteten Konzepts und Massnahmen für den Banken- und Finanzplatz Liechtensteins
 
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Der Landtag hat in seiner Sitzung vom 24. November 1999 ein Postulat betreffend eines zukunftsgerichteten Konzepts und Massnahmen für den Banken- und Finanzplatz Liechtensteins an die Regierung überwiesen. Seit dem Jahr 2000 sind im Zuge der Stärkung und Modernisierung des Finanzplatzes weit reichende Gesetzesvorhaben realisiert worden, die unter anderem zur Schaffung der Financial Intelligence Unit (FIU) im Jahre 2002 und der Finanzmarktaufsicht (FMA) im Jahre 2005 geführt haben. Weitere zentrale Vorhaben betrafen unter anderem die Totalrevision des Rechtshilfegesetzes (2000), verschiedene Abänderungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes (2002 und 2005), das Rechtshilfeabkommen mit den USA (2003), das Anti-Terrorismuspaket (2003), der Abschluss des Zinsbesteuerungsabkommens mit der Europäischen Gemeinschaft (2004), die Totalrevision des Sorgfaltspflichtgesetzes (2004) und des Investmentunternehmensgesetzes (2005), die Schaffung eines Vermögensverwaltungsgesetzes (2005) und eines Marktmissbrauchsgesetzes (2006), verschiedene Abänderungen des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung, des Betäubungsmittelgesetzes und des Rechtshilfegesetzes in Umsetzung der 2. Geldwäscherei-Richtlinie und des Palermo Übereinkommens (2006), zentrale Änderungen im Bankengesetz in Umsetzung von MiFID und Basel II (2006 und 2007) sowie die Totalrevision des Wertpapierprospektgesetzes (2007). Als weitere wichtige Initiativen sind das Projekt "Zukunft Finanzplatz Liechtenstein" (2003) sowie der international ausgerichtete Liechtenstein Dialogue on the Future of Financial Markets, welcher im 2008 nunmehr bereits zum fünften Mal stattfindet, zu erwähnen. All diese Massnahmen haben einen Reputationsgewinn sowie eine deutlich verbesserte internationale Anerkennung des Finanzplatzes Liechtenstein bewirkt. Die offensichtlichen Fortschritte kommen insbesondere auch in den Berichten des IWF zu den in Liechtenstein durchgeführten Assessments (2002 und 2007) zum Ausdruck.
Die Regierung hat Ende 2006 das Projekt Futuro lanciert und für dieses ein Steering Committee bestellt, das mit der Ausarbeitung einer Vision für den Finanzplatz unter Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Aspekte beauftragt wurde. Gleichzeitig ist ein Projektbüro eingerichtet worden.
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Zahlreiche im Abschlussbericht gemachte Empfehlungen stützen sich auf umfangreiche Vorarbeiten diverser Arbeitsgruppen, so etwa im Bereich Stiftungsrechtsrevision oder Steuerreform. Das Projekt Futuro will und kann die Arbeiten und Erkenntnisse in diesen Arbeitsgruppen nicht ersetzen, sondern will sie vielmehr unter dem gemeinsamen Dach einer Vision zusammenführen.
Die Vision für den Finanzplatz will auch Hilfestellung für die Erarbeitung oder Vertiefung von Strategien für die übrigen Sektoren bieten. Neben dem Projekt Futuro bestehen bereits heute mehrere Initiativen zur Stärkung des gesamten Wirtschaftsstandorts.
In einem nächsten Schritt wird die Regierung die politische Diskussion zur hier dargestellten Vision anstossen und konkrete Umsetzungsmassnahmen ableiten. Eine enge Einbindung von Wirtschaftsverbänden und weiteren Exponenten der Privatwirtschaft in- und ausserhalb des Finanzplatzes ist dabei eine klare Voraussetzung für den Erfolg.
Zuständige Ressorts
Ressort Präsidium
Ressort Finanzen
Ressort Justiz
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Vaduz, 12. Februar 2008
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Postulatsbeantwortung an den Landtag zu unterbreiten.
1.Anlass
Mit Datum vom 21. Oktober 1999 haben die Abgeordneten Alois Beck, Gebhard Hoch, Rudolf Lampert, Klaus Wanger, Otmar Hasler, Helmut Konrad, Marco Ospelt, Elmar Kindle und Gabriel Marxer ein Postulat mit folgendem Wortlaut eingereicht:
"Der Landtag wolle beschliessen:
Die Regierung wird eingeladen, in Bezug auf den Banken- und Finanzplatz Liechtenstein zukunftsgerichtete Konzepte auszuarbeiten und Massnahmen vorzuschlagen, die den durch die Öffnung veränderten Marktstrukturen gerecht werden, eine nachhaltige Entwicklung des Finanzplatzes ermöglichen und die darauf abzielen, die bestehenden hohen Qualitätsstandards zu erhalten bzw. zu verbessern.
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Begründung:
In Debatten des Landtages - so beispielsweise anlässlich der Revision des Bankengesetzes oder bei der Erteilung neuer Bankkonzessionen - wurden im Hinblick auf die Liberalisierung betreffend den Finanzplatz Liechtenstein verschiedene Bedenken artikuliert. Es wurde darauf hingewiesen, dass eine Liberalisierung sinnvollerweise nur mit einer entsprechenden Anpassung der Rahmenbedingungen an die neuen Gegebenheiten einhergehen kann. Der langfristige Erfolg des Finanzplatzes hängt in entscheidendem Mass von der Aufrechterhaltung und laufenden Verbesserung der heute angewandten hohen Qualitätsstandards ab. Auf den ausgetrockneten Arbeitsmarkt, welcher in erhöhtem Mass zu einer aktiven Abwerbung von Personal führt, wurde schon wiederholt aufmerksam gemacht. Aufgrund der fehlenden inländischen Ressourcen scheint ein weiterer Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften unumgänglich. Dabei stellt sich die Frage, ob dies im längerfristigen gesamtwirtschaftlichen Interesse ist. Überlegungen zur Sicherstellung der Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit, die neben fachlichen Fähigkeiten auch Anforderungen an die charakterliche Eignung des leitenden Personals stellen, sind angezeigt. U.a. wurde von der Fraktion der Bürgerpartei auch kritisch hinterfragt, ob die heute geltenden Rahmenbedingungen sowie die vorhandenen Strukturen den veränderten Marktgegebenheiten überhaupt noch gerecht werden können und ob die regulatorischen Rahmenbedingungen genügen, damit der Finanzplatz Liechtenstein im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung nicht Gefahr läuft, übernutzt zu werden. Ein überbordender Wettbewerb würde sich längerfristig negativ auf den Bank- und Finanzplatz und somit auch negativ für das Land Liechtenstein auswirken.
In- und ausländische Kommentatoren machen auf Risiken aufmerksam uns sehen Anlass zu besorgter Skepsis. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Liechtensteinischen Bankenverbandes war dem Vortrag von Prof. Dr. Bruno Gehrig, Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, zu entnehmen, dass die Öffnung neben Herausforderungen auch Risiken für den Finanzplatz Liechten-
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stein mit sich bringt. Den Erfolg des Finanzplatzes Liechtenstein schreibt er dem unbeirrt von Modewellen nachhaltig umgesetzten Nischenkonzept zu, das den kleinbetrieblichen Voraussetzungen des Landes optimal entspricht. Die hohe Selbstregulierungskraft vermutet er in den bis anhin übersichtlichen und stabilen Verhältnissen. Seiner Meinung nach lauert Finanzplätzen wie Liechtenstein, die ihre Stellung massgeblich der privaten Vermögensverwaltung verdanken, in diesem Bereich das folgenschwerste Schadenpotential. Wenn nämlich das Bankengeheimnis im Interesse des Persönlichkeitsschutzes weitergehend ausgelegt und gehandhabt wird, als dies in anderen Ländern der Fall ist, dann muss man sich einer strengeren Sorgfaltspflicht unterziehen, wenn man nicht ein erhöhtes Missbrauchs- und damit Reputationsrisiko in Kauf nehmen will. Primär und dringend geboten ist demzufolge die kritische Sorgfalt und hohe Sensibilität an der Kundschaft.
Liechtensteins wirtschaftliches Wohlergehen beruht massgeblich auf dem Erfolg des Finanzplatzes. Durch die Öffnung, den damit verbundenen Wettbewerbsdruck und wahrscheinlich auch eine gewisse Anonymisierung wird die bis anhin gehegte Selbstdisziplinierung in Zukunft vermutlich relativiert werden. Individuelle Fehlleistungen schaden jedoch allen und insbesondere dem Ansehen Liechtensteins als Finanzplatz. Der zunehmende Konkurrenzdruck darf keinesfalls dazu führen, dass die Messlatte für die Sorgfaltspflichten - beispielsweise aus Gründen der Gewinnmaximierung - tiefer angesetzt wird.
Die geltenden Rahmenbedingungen müssen überprüft und gegebenenfalls an die neue Situation angepasst werden. Allein die Folgen einer eventuellen Übernutzung der Rahmenbedingungen könnten sich aufgrund der zunehmenden Abhängigkeit vom Finanzdienstleistungssektor spürbar negativ für Liechtenstein auswirken.
Der Landtag hat das Postulat in seiner Sitzung vom 24. November 1999 an die Regierung überwiesen.
Stichwörter
Finanz­platz, zukunfts­ge­rich­tetes Konzept
Postu­lats­be­ant­wor­tung, Banken- und Finanzplatz
Pro­jekt Futuro, Finanzplatz