Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2008 / 109
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Anlass der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
1.Regie­rungs­vor­lage zur Abän­de­rung des Schulgesetzes
2.Regie­rungs­vor­lage zur Abän­de­rung des Lehrerdienstgesetzes
3.Regie­rungs­vor­lage zur Abän­de­rung des Subventionsgesetzes
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Revision des Schulgesetzes, des Lehrerdienstgesetzes und des Subventionsgesetzes  Insbesondere zur Umsetzung  der "Schul- und Profilentwicklung auf der Sekundarstufe I (SPES I)"
 
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Die optimale Förderung der Kinder und Jugendlichen und ein qualitativ hoch stehendes Bildungsangebot anzustreben, das lebenslange Lernen zu unterstützen sowie überschaubare Schulen zu schaffen sind wesentliche Ziele gemäss gültigem Regierungsprogramm. Den Schulen und Lehrpersonen kommt bei der Umsetzung dieser Ziele eine entscheidende Rolle zu.
Zentrale Planung und Steuerung lähmen die Eigeninitiative. Ohne Autonomie können sich Schulen nicht aus eigener Kraft weiterentwickeln. Soll ein Projekt wie SPES I (Schul- und Profilentwicklung auf der Sekundarstufe I) realisiert werden, muss sich diese Erkenntnis im Schulgesetz niederschlagen. Sie soll sich dabei nicht nur auf die Schulen der Sekundarstufe I beschränken, sondern für alle öffentlichen Schulen gelten.
Mit den vorgeschlagenen Änderungen im Schul- und Lehrerdienstgesetz sollen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit Schulen sich eigenständig entwickeln können. Auf dieser Grundlage sollen sich insbesondere die Schulen auf der Sekundarstufe I profilieren können. Gerade auf dieser Stufe enthält das Schulgesetz engmaschige Regelungen, welche eine eigenständige Entwicklung und Profilierung behindern. Hier gilt es, durch Deregulierung Abhilfe zu schaffen.
Ein weiteres Anliegen besteht darin, die Übergänge zwischen den Schulstufen (Primarstufe, Sekundarstufen I und II) zu glätten. So sollen die Selektion am Ende der 5. Stufe der Primarschule entschärft, die Organisation innerhalb der Sekundarstufe I (Schulmodell) flexibler und durchlässiger gestaltet sowie der Übergang in die berufliche Grundbildung oder in weiterführende Schulen am Ende der Sekundarstufe I verbessert werden.
An allen öffentlichen Schulen sollen Führungsstrukturen errichtet werden, welche geeignet sind, dezentralisierte Kompetenzen wahrzunehmen sowie neu geschaffene Freiräume zu nutzen.
Insgesamt soll auch die Stellung der Eltern gestärkt werden.
Nur wenn diese Neuerungen im Schulgesetz Eingang finden, kann das Projekt SPES I an den Standorten der neuen Sekundarschulen auch implementiert
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werden. Mit der vorliegenden Teilrevision soll nun entschieden werden, in welche Richtung sich das liechtensteinische Bildungswesen entwickeln soll. Im Zentrum der Revision steht jedoch nicht die Frage der Struktur, da jede Schule in einem gewissen Autonomierahmen ihre Schulstruktur erarbeiten kann, sondern die Schul- und Profilentwicklung, welche sich immer nach der bestmöglichen Förderung jedes einzelnen Schülers zu richten hat. Dieser vorgeschlagene Weg hat in der Vernehmlassung eine ganz überwiegende Mehrheit gefunden.
Zuständiges Ressort
Ressort Bildungswesen
Betroffene Amtsstellen
Schulamt
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Vaduz, 26. August 2008
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Revision des Schulgesetzes, des Lehrerdienstgesetzes und des Subventionsgesetzes zur Umsetzung der "Schul- und Profilentwicklung auf der Sekundarstufe I (SPES I)" an den Landtag zu unterbreiten.
1.1Das liechtensteinische Schulsystem - Entwicklung seit 1971
Das heutige Schulsystem gründet auf der Schulreform von 1971. Damals wurden als neue Schularten die Hilfs- und die Oberschule eingeführt. Die Primarschule wurde von sechs auf fünf Jahre verkürzt und der Übertritt in die Sekundarschulen vereinheitlicht. Neben der Langform des Gymnasiums, die bereits Bestand hatte, wurde eine Kurzform des Gymnasiums mit dem Maturaabschluss Typus E eingeführt. Wie damals auch im benachbarten Ausland, insbesondere in der Schweiz üblich, wurde mit vier Schularten auf der Sekundarstufe I eine weitgehende äussere Differenzierung realisiert.
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Damit die Primarschülerinnen und -schüler den verschiedenen Schularten der Sekundarstufe I zugewiesen werden können, wurde am Ende der Primarschule ein Übertrittsverfahren etabliert. Dieses stiess schon nach wenigen Jahren auf Kritik, sowohl in der Eltern- als auch in der Lehrerschaft. Die Eltern wünschten eine aktivere Rolle und forderten auf verschiedenen Ebenen mehr Mitsprache. Zufolge dieser Entwicklung musste das Übertrittsverfahren seit seiner Einführung mehrmals modifiziert werden1.
Auf der Sekundarstufe I gerieten die Hilfs- und die Oberschule unter immer stärkeren Druck. Vor allem die Hilfsschule fand die nötige Akzeptanz schon bald nicht mehr, so dass sie aufgrund der zu geringen Anzahl Schülerinnen und Schüler 1990 ihre Pforten schliessen musste.
Aufbauend auf den 1984 und 1987 erarbeiteten Leitideen zum liechtensteinischen Bildungswesen2 wurde im Jahr 1989 ein Gesetzesentwurf zur Teilrevision des Schulgesetzes in die Vernehmlassung gegeben, welcher unter anderem auch eine Veränderung der Struktur der Sekundarstufe I vorsah. Aufgrund des Vernehmlassungsergebnisses wurde auf eine solche Reform jedoch verzichtet.
Im Jahr 1994 konnten im Rahmen einer Partialrevision des Schulgesetzes (LGBl. 1994 Nr. 74) einige bedeutende Reformschritte durchgeführt werden. Es waren dies
die Institutionalisierung von neuen Formen der Schülerbeurteilung,
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die Schaffung einer Grundlage für einen einheitlichen Lehrplan für die gesamte Pflichtschule,
die Institutionalisierung von besonderen schulischen Massnahmen (z.B. Ergänzungsunterricht, Förderunterricht, Spezielle Einschulung, Deutsch als Zweitsprache),
die Ermöglichung der Integration von behinderten Kindern in die Regelschule sowie
die Institutionalisierung neuer Schularten (Vorbereitungslehrgang Fachhochschulreife / heute: "Berufsmittelschule" und Freiwilliges 10. Schuljahr).
In den Folgejahren wurden weitere wesentliche Schritte für die Weiterentwicklung der Schulen gemacht, unter anderem:
Schaffung eines neuen Lehrplans für Kindergarten und Pflichtschule,
Einführung eines Qualitätssicherungs- und -entwicklungssystems,
Aufbau der Schulinformations- und -kommunikationstechnologien,
Einführung von Englisch an Primarschulen sowie
Einführung und Institutionalisierung der Schulsozialarbeit.
Insgesamt kann sich das liechtensteinische Bildungswesen im internationalen Vergleich sehen lassen. Das Bemühen der Lehrerschaft um eine optimale Förderung der ihnen anvertrauten Schülerschaft hat wesentlich zum guten heutigen Stand beigetragen.
Trotzdem muss festgestellt werden, dass insbesondere die Sekundarstufe I mit Problemen zu kämpfen hat, welche weitere und umfassende Reformschritte erforderlich machen.



 
1Das Übertrittsverfahren basierte zunächst auf drei Pfeilern: Lehrerurteil in Verbindung mit Leistungsnoten (55 %), Aufnahmeprüfung (30 %), Schuleignungstest (15 %). Die Prozentzahlen geben die Gewichtung der Aussagen für das Gesamturteil wieder. In die Schularten der Sekundarstufe wurde nach den folgenden Quoten zugewiesen: Gymnasium 12 %, Realschule 53 % und Oberschule 35 %. 1981 wurden diese Quoten durch eine Erweiterung der so genannten Grenzbereiche aufgeweicht. 1986 wurde dem Lehrerurteil grössere Bedeutung zuerkannt, indem es hinfort zu 60 % zum Gesamturteil beitrug. Auf die Durchführung eines Eignungstests wurde verzichtet. Seit 1995 erfolgt das Übertrittsverfahren ohne Übertrittsprüfung im Rahmen eines Empfehlungssystems mit den folgenden Zuweisungsbandbreiten: Gymnasium 17-20 %, Realschule 50-55 % und Oberschule 28-30 %. Seit 2001 können Schüler, die nicht für die von den Eltern gewünschte Schulart empfohlen werden, eine Übertrittsprüfung ablegen.
 
2"Schule wohin? Leitideen und mögliche Reformbestrebungen für die 80er Jahre", Hrsg. Schulamt, Vaduz 1984, ferner"Schule wohin ? (2. Teil) - Leitideen für das liechtensteinische Schulwesen", Hrsg. Schulamt, Vaduz 1987.
 
Stichwörter
Bil­dung
Lehr­er­dienst­ge­setz
Schul- und Pro­fil­ent­wick­lung auf der Sekun­dar­stufe I (SPES I), Umsetzung
Schul- und Pro­fil­ent­wick­lung auf der Sekun­dar­stufe I, SPES I
Schule, Profilentwicklung
Schul­ge­setz
Schul­re­form
SPES I