Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2014 / 112
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Anlass
2.All­ge­meines
3.Grund­sätz­liche Fragen
4.Schluss­fol­ge­rungen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Postulatsbeantwortung der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Bedeutung und Sinnhaftigkeit des Instituts des Gemeindebürgerrechts  
 
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Am 27. Februar 2014 reichten die Abgeordneten Peter Büchel, Violanda Lanter-Koller, Judith Oehri und Karin Rüdisser-Quaderer ein Postulat betreffend die Bedeutung und Sinnhaftigkeit des Gemeindebürgerrechts ein. Die Regierung wurde eingeladen zu prüfen, ob das Gemeindebürgerrecht vereinfacht werden kann, ob es noch notwendig ist und ob der Heimatschein abgeschafft werden kann. Begründet wurde das Postulat im Wesentlichen mit der Beseitigung von Ungleichbehandlungen und dem Abbau von Bürokratie. Im Zuge der Landtagsdebatte wurde der Auftrag um die Prüfung der Sinnhaftigkeit der Bürgergenossenschaften ergänzt.
Das Gemeindebürgerrecht ist kulturell, traditionell und historisch gewachsen. So verdeutlichte auch die Diskussion im Landtag, dass die Frage um die Neugestaltung oder Abschaffung des Gemeindebürgerrechts in erster Linie ein emotional behaftetes Thema ist.
Die Regierung beauftragte das Liechtenstein-Institut mit der Prüfung der im Postulat aufgeworfenen Fragen zur Vereinfachung oder Abschaffung des Gemeindebürgerrechts. Der diesbezügliche Bericht ist der Postulatsbeantwortung beigelegt. Wie die Ausführungen im Bericht zeigen, wären unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes sowohl die Beibehaltung des Gemeindebürgerrechts jedoch mit Koppelung an den Wohnsitz in einer Gemeinde als auch die Aufhebung des Gemeindebürgerrechts gegenüber dem derzeitigen Rechtszustand vorzuziehen. Im Falle seiner gänzlichen Abschaffung stellt sich allerdings die Frage nach der Konformität mit Art. 110 Abs. 1 Bst. d LV, der der Gemeinde zumindest ein Mitwirkungsrecht bei der Aufnahme von Ausländern in das Bürgerrecht garantieren dürfte. Auch eine ersatzlose Beseitigung des Heimatscheins wäre rechtlich möglich.
Die Sinnhaftigkeit der Bürgergenossenschaften kann durch eine rechtliche Beurteilung allein nicht entschieden werden. Der grundsätzlich geschützten Eigentümerposition der Bürgergenossenschaften ist unter dem Gleichheitsaspekt die Differenzierung von Nutzungsberechtigten und Nicht-Nutzungsberechtigten kritisch entgegenzuhalten.
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Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
Betroffene Stellen
Ausländer- und Passamt
Bürgergenossenschaften
Gemeinden
Regelungskommission
Zivilstandsamt
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Vaduz, 21. Oktober 2014
LNR 2014-1358
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Postulatsbeantwortung zu unterbreiten.
1.1Postulat vom 27. Februar 2014
Am 27. Februar 2014 reichten die Abgeordneten Peter Büchel, Violanda Lanter-Koller, Judith Oehri und Karin Rüdisser-Quaderer ein Postulat betreffend die Bedeutung und Sinnhaftigkeit des Instituts des Gemeindebürgerrechts ein. Im Zuge der Landtagsdebatte vom 9. April 2014 wurde das Postulat um die Sinnhaftigkeit der Bürgergenossenschaften ergänzt. Die Regierung wurde eingeladen zu prüfen, ob a) das Gemeindebürgerrecht vereinfacht werden kann, indem alle in einer Gemeinde wohnhaften liechtensteinischen Bürgerinnen und Bürger mit einheitlichen Rechten und Pflichten ausgestattet werden, b) das Gemeindebürgerrecht noch notwendig ist und ob die liechtensteinische Staatsbürgerschaft nicht ausreichend wäre, um das Stimm- und Wahlrecht ausüben zu können, c) der Heimatschein abgeschafft werden kann und d) die Sinnhaftigkeit der Bürgergenossenschaften gegeben ist.
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Die Postulanten begründen ihren Antrag im Wesentlichen damit, dass die wenigsten Staaten ein Gemeindebürgerrecht kennen würden und dies eine liechtensteinische/schweizerische Erfindung sei. Das Gemeindebürgerrecht habe vor allem eine Bedeutung in Bezug auf die Einbürgerung von ausländischen Staatsangehörigen. Durch die Möglichkeit der erleichterten Einbürgerung habe dieses Instrument jedoch an Bedeutung verloren. Im Gegensatz zu früher habe die Mobilität innerhalb des Landes stark zugenommen. Dies führe dazu, dass immer mehr Liechtensteiner das Gemeindebürgerrecht gar nicht mehr ausüben könnten. Würden sämtliche Liechtensteiner, die in eine andere Gemeinde ziehen, nach einer fünfjährigen Wohnsitzdauer einen Antrag auf das Bürgerrecht stellen, würde auf die Gemeinde ein spürbarer administrativer Mehraufwand zukommen. De facto entscheide somit eine kleine Anzahl von Personen über Erwerb und Verlust des Bürgerrechts von ausländischen Personen. Hinzu komme, dass in einigen Gemeinden mit dem Gemeindebürgerrecht noch andere Bürgerrechte verknüpft seien oder waren, was zu zwei Klassen von Bürgern in einem Dorf führe. Die Postulanten argumentieren weiter, dass mit der Abschaffung des Gemeindebürgerrechts alle Liechtensteiner, egal in welcher Gemeinde sie wohnhaft wären, die gleichen Rechte und Pflichten hätten. Somit könne auch der administrative Aufwand reduziert werden. Vor diesem Hintergrund stelle sich sodann die Frage, ob es überhaupt noch ein Bürgerrecht brauche oder ob nicht die Staatsbürgerschaft ausreichend wäre, um an Wahlen teilnehmen zu können. Bezüglich der Bedeutung des Heimatscheins wird im Postulat ausgeführt, dass dieser gemäss Art. 4 HSchG einem liechtensteinischen Landesbürger als Bürgerrechtsausweis zum Nachweis seiner Staatsbürgerschaft gegenüber ausländischen Behörden diene, dass der Heimatschein durch den Schengenbeitritt jedoch seine Existenzberechtigung in Liechtenstein verloren habe.
Stichwörter
Gemein­de­bür­ger­recht, Sinn­haf­tig­keit (Postulatsbentwortung)
Postu­lats­be­ant­wor­tung iS Sinn­haf­tig­keit des Gemeindebürgerrechts