Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2008 / 51
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Anlass
2.All­ge­meines
3.Beant­wor­tung des Postulates
II.ANTRAG DER REGIERUNG
 
Postulatsbeantwortung der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Gesundheitsstandort Liechtenstein
 
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Der Landtag hat in seiner Sitzung vom 19. September 2007 ein Postulat betreffend den Gesundheitsstandort Liechtenstein an die Regierung überwiesen. Die Gesundheit spielt in der Gesellschaft eine immer grössere Rolle - als persönliche Ressource, gesellschaftliches Kapital und Statussymbol. Kaum ein Markt ist in den vergangenen Jahren so stark gewachsen, wie der Gesundheits- und Wellnessmarkt. Trotzdem sind im erweiterten Kreis der Gesundheitswirtschaft - man unterscheidet zwischen einem ersten, inneren Kreis im Rahmen der Grundversorgung und einem äusseren Kreis, den Zulieferern, der Industrie, dem Gewerbe und den Dienstleistungen, welche im Gesundheitswesen angeboten werden - in Liechtenstein anteilsmässig weniger Beschäftigte tätig als im benachbarten Ausland. Liechtenstein verfügt über ein qualitativ hochwertiges Gesundheitswesen mit einer weit reichenden Grundversorgung. Der Zugang zur Behandlung erfolgt schnell, und es existiert - beispielsweise mit dem Liechtensteinischen Landesspital - eine gute medizinische Infrastruktur.
Wo kann Liechtenstein seine Potentiale nutzen, was sind reale Perspektiven für einen Gesundheitsstandort? Es macht für Liechtenstein wenig Sinn, sich analog der Schweiz als internationaler Forschungsstandort mit grosser Ausstrahlung etablieren zu versuchen. Hierfür müssten die Strukturen zuerst geschaffen werden. Die Chance für Liechtenstein besteht darin, sich mit seinem wirtschafsliberalen Gewerberecht und den guten Rahmenbedingungen als Nischenplayer zu etablieren. Weiters kann Liechtenstein vom boomenden Gesundheitsmarkt profitieren, in dem es sich als Zulieferer für individualisierte, hoch spezialisierte Medizinaltechnik bzw. Medizinalprodukte positioniert. Um die Chancen des Gesundheitsmarktes zu nutzen, braucht es Unternehmer mit Neugierde und Leidenschaft, welche die Gelegenheit nutzen und neue Ideen umsetzen. Regierung und Landtag können hierbei die Rahmenbedingungen setzen und die Initialzündung geben.
Zuständiges Ressort
Ressort Gesundheit
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Vaduz, 29. April 2008
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Postulatsbeantwortung an den Landtag zu unterbreiten.
1.Anlass
Mit Datum vom 24. August 2007 haben die Abgeordneten Franz Heeb, Josy Biedermann, Peter Lampert, Rudolf Lampert, Elmar Kindle, Markus Büchel, Doris Frommelt, Renate Wohlwend, Johannes Kaiser und Alois Beck ein Postulat mit folgendem Wortlaut eingereicht:
"Der Landtag wolle beschliessen:
Die Regierung wird eingeladen, zuhanden des Landtags die aktuelle Situation im Bereich des Gesundheitsstandortes Liechtenstein darzulegen. Insbesondere soll aufgezeigt werden, über welche wirtschaftliche Wertschöpfung der Gesundheitsmarkt Liechtenstein verfügt, welche medizinischen Dienstleistungen erbracht werden und welche wirtschaftlichen Chancen sich für das Land insbesondere ausserhalb des obligatorischen Grundversicherungsbereichs ergeben.
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Die Regierung wird weiters eingeladen, in Bezug auf den Gesundheitsstandort Liechtenstein Möglichkeiten aufzuzeigen und Massnahmen vorzuschlagen, die eine Weiterentwicklung des Dienstleistungsangebotes, insbesondere ausserhalb des obligatorischen Grundversicherungsbereichs, fördern und darauf abzielen, sowohl die medizinische Versorgungssicherheit im Inland und die damit verbundenen hohen Qualitätsstandards zu erhalten bzw. zu verbessern als auch die lokale wirtschaftliche Wertschöpfung zu begünstigen. In diesem Zusammenhang sollen insbesondere auch neue Versorgungs- und Anbietermodelle (Kliniken, Gesundheitszentren, Gesundheitsförderungsinstitute, Gesundheitsnetze etc.) ausserhalb des obligatorischen Grundversicherungsbereichs unter Einbezug des bestehenden Leistungsangebotes geprüft und die hierfür notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen dargestellt werden.
Begründung:
Die Diskussion um die Zukunft des Gesundheitswesens wird heute vor allem durch die Entwicklung der Kosten im Bereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) bzw. im Grundversorgungsbereich geprägt. So wurde auch das liechtensteinische Gesundheitswesen in den vergangenen Jahren vorwiegend unter Kostenaspekten in der OKP analysiert. Es steht ausser Frage, dass im obligatorischen Grundversicherungsbereich mit gezielten Massnahmen auch künftig eine Begrenzung des Kostenwachstums anzustreben ist und die notwendige Transparenz herzustellen ist.
Neben der unbestrittenen Notwendigkeit, langfristige Lösungen zu finden, die auch für die Zukunft eine qualitativ hoch stehende und finanzierbare medizinische Grundversorgung für Liechtenstein sicher stellen, gilt es aber, die Perspektive in der Gesundheitspolitik über die obligatorischen Krankenpflegeversicherung hinaus zu erweitern. So zeigt sich u.a., dass verschiedene andere, nicht-KVG-relevante Bereiche der Gesundheitswirtschaft einen hohen Nutzen für das Land im Allgemeinen und für den Krankenpflegeversicherungsbereich im Speziellen
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erbringen. Eine von der Regierung bei der Konjunkturforschungsstelle Liechtenstein (KOFL) in Auftrag gegebene Studie vom April 2007 zur "Wertschöpfung und Beschäftigung in der Gesundheitswirtschaft Liechtenstein" zeigt 2007 auf, dass die Beschäftigungsanteile der liechtensteinischen Gesundheitswirtschaft, verglichen mit Deutschland und der Schweiz, zwar gering sind, dass das liechtensteinische Gesundheitswesen aber insgesamt eine beachtliche Dynamik aufweist. Zugleich zeigt sich, dass 40% der Gesundheitsausgaben als direkte Wertschöpfung im Land verbleiben.
In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass sich der internationale Gesundheitsmarkt im Umbruch befindet: Neben dem klassischen, "heilungsorientierten" Gesundheitsmarkt entstehen neue Märkte für Produkte und Dienstleistungen, welche die Gesundheitsvorsorge sowie die Erhaltung von Gesundheit zum Ziel haben. Es ist unter Fachexperten unbestritten, dass diese Märkte wichtige Wachstumssektoren sind. Manche Experten vergleichen die Situation im Gesundheitswesen gar mit dem Aufschwung und Wachstum der Internetbranche in den Neunzigerjahren. Insgesamt wird die Gesundheitswirtschaft weltweit als Träger des nächsten wirtschaftlichen Aufschwungs gehandelt (vgl. z.B. Sigrist, Zukunftsperspektiven des Gesundheitsmarktes, Bern, 2006).
Diese internationale Entwicklung bietet aus Sicht der Postulanten grosse Chancen für Liechtenstein, insbesondere ausserhalb des regulierten Grundversicherungsbereichs. Nach Ansicht der Postulanten verfügt das liechtensteinische Gesundheitswesen über gut ausgebildete personelle Ressourcen mit einem grossen Know-how sowie insgesamt über einen hohen Qualitätsstandard. Das liechtensteinische Gesundheitswesen ist im Dienstleistungsbereich anzusiedeln und erbringt sowohl nationale wie auch internationale Versorgungsleistungen. Diese Dienstleistungen bieten eine gute Basis für neue innovative Programme und Angebote (z.B. Präventionsprogramme) insbesondere ausserhalb des regulierten Grundversorgungsbereichs, welche nach Ansicht der Postulanten mit geeigneten organisatorischen Strukturen auch überregional bzw. international angeboten
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werden können. Dadurch erhöht sich einerseits das Dienstleistungsangebot im Inland, was sich positiv auf die Versorgungssicherheit auswirkt, und andererseits sind dadurch positive Effekte (Beschäftigung, Steuereinnahmen, touristische Angebote) auf die liechtensteinische Gesundheitswirtschaft zu erwarten.
Um ein umfassendes Bild der aktuellen Situation im Bereich der liechtensteinischen Gesundheitswirtschaft erhalten zu können, erwarten die Postulanten einen Überblick über die aktuellen (medizinischen) Leistungsangebote, über den Beitrag des Gesundheitsmarktes Liechtenstein zur nationalen Wertschöpfung sowie über die bestehenden Angebote in gesundheitsrelevanten Einrichtungen und Institutionen. Damit auch neue Leistungsangebote ausserhalb des obligatorischen Grundversicherungsbereichs realisiert werden können, sind von der Regierung hierfür zukunftsgerichtete Vorschläge auszuarbeiten und verschiedene Anbietermodelle zu prüfen.
Der Landtag hat das Postulat in seiner Sitzung vom 19. September 2007 an die Regierung überwiesen.
Stichwörter
Gesund­heit, Grundversorgung
Gesund­heits­markt, Medizinaltechnik
Gesund­heits­po­litik
Gesund­heits­standort Liechtenstein
Gesund­heits­wesen
Postu­lats­be­ant­wor­tung
Wirt­schaft, Gesundheitsmarkt