Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Gesamtschau und Weiterentwicklung des Liechtensteinischen Gesundheitswesens
7
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Die vier Interessensgruppen
13
Abbildung 2 - Übersicht aller Lösungsansätze nach Interessensgruppe
14
Abbildung 3 - Übersicht aller zur Umsetzung bzw. Weiterverfolgung empfohlener Lösungsansätze
15
Abbildung 4 - Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Liechtensteinischen Wohnbevölkerung
34
Abbildung 5 - Bevölkerungspyramide 2008
35
Abbildung 6 - Bevölkerungspyramide 2015
36
Abbildung 7 - Mortalität 2008
38
Abbildung 8 - Anzahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden
39
Abbildung 9 - Stationär behandelte Fälle 2008
40
Abbildung 10 - Anteil an den Bruttoleistungen OKP 2008 nach Kostengruppe, je versicherte Person
47
Abbildung 11 - Landesbeiträge zur NBU [in CHF]
51
Abbildung 12 - Entwicklung des Ausgabenanteiles Staat/Versicherte 2004-2008
75
Abbildung 13 - Übersicht der Finanzierungsmodelle
78
Abbildung 14 - Die vier Interessensgruppen
106
Abbildung 15 - Die vier Interessensgruppen
117
Abbildung 16 - Übersicht Lösungsansätze pro Interessensgruppe
118
Abbildung 17 - Lösungsansätze inkl. Bewertung
121
Abbildung 18 - Übersicht aller Lösungsansätze
122
Abbildung 19 - Übersicht Lösungsansätze Versicherte / Patienten
123
Abbildung 20 - Übersicht Lösungsansätze Leistungserbringer
162
Abbildung 21 - Übersicht Lösungsansätze Krankenkassen
221
Abbildung 22 - Vorteile und Nachteile einer Einheitskasse, Schweiz
234
Abbildung 23 - Zusammensetzung der Verwaltungskosten Schweizer Krankenkassen
244
8
Abbildung 24 - Übersicht Lösungsansätze Politik, Systemstruktur und -transparenz
247
Abbildung 25 - Tarifverträge Fürstentum Liechtenstein
256
Abbildung 26 - Auswirkungen von Managed Care Modellen
277
Abbildung 27 - SWOT Analyse von Managed Care Modellen
278
Abbildung 28 - Bereiche des Betrieblichen Gesundheitsmanagements
300
Abbildung 29 - Case Management ohne ICM
303
Abbildung 30 - Case Management ohne ICM
305
Abbildung 31 - Tiers Payant
347
Abbildung 32 - Tiers Garant
348
9
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 - Gesundheitsausgaben 2008 [in CHF]
57
Tabelle 2 - Gesundheitsausgaben Primärmedizin 2008 [in CHF]
58
Tabelle 3 - Gesundheitsausgaben Sekundärmedizin 2008 [in CHF]
60
Tabelle 4 - Krankenhausaufenthalte in Vaduz und Vertragsspitälern, 2008
61
Tabelle 5 - Gesundheitsausgaben Arzneimittel 2008 [in CHF]
62
Tabelle 6 - Gesundheitsausgaben Pflege 2008 [in CHF]
63
Tabelle 7 - Gesundheitsausgaben Labor 2008 [in CHF]
64
Tabelle 8 - Gesundheitsausgaben Gesundheitsberufe 2008 [in CHF]
64
Tabelle 9 - Gesundheitsausgaben Krankentransportwesen 2008 [in CHF]
65
Tabelle 10 - Gesundheitsausgaben Rehabilitation 2008 [in CHF]
66
Tabelle 11 - Gesundheitsausgaben sonstige Bereiche 2008 [in CHF]
67
Tabelle 12 - Verteilung der Gesundheitsausgaben 2004 bis 2008 ohne "out of pocket payments" [in CHF]
74
Tabelle 13 - Ausgabenverteilung Krankenkassen 2004-2009 [in CHF]
75
Tabelle 14 - Leistungserbringer 2004-2008:
76
Tabelle 15 - Entwicklung der Bruttoprämien FL - CH [in CHF pro Jahr]
80
Tabelle 16 - Entwicklung der Kostenbeteiligungen FL - CH [in CHF pro Jahr]
80
Tabelle 17 - Prämienvergleich Personengruppen 2010 Liechtenstein-Schweiz
82
Tabelle 18 - Vergleich Prämien 2010 für eine Familie Liechtenstein-Schweiz [in CHF pro Monat]
83
Tabelle 19 - Relation Kosten und Leistungen in FL und CH [in CHF pro Jahr]
84
Tabelle 20 - Staatsausgaben und Anteile Personal [in Mio. CHF]
90
Tabelle 21 - Szenario Ia [in CHF]
91
Tabelle 22 - Szenario Ib [in CHF]
92
Tabelle 23 - Szenario IIa [in CHF]
93
Tabelle 24 - Szenario IIb [in CHF]
93
10
Tabelle 25 - Ausgaben und Einnahmen der OKP, 2008 [in CHF]
94
Tabelle 26 - 2008 mit und ohne Staatsbeiträge [in CHF]
95
Tabelle 27 - OKP-Vergleich 2008 vs. 2015 gemäss Szenario IIb [in CHF]
96
Tabelle 28 - Szenario 2015 mit und ohne Staatsbeiträge [in CHF]
97
Tabelle 29 - 2008 mit und ohne Staatsbeiträge unter Berücksichtigung Subvention LLS [in CHF]
98
Tabelle 30 - 2008 mit und ohne Staatsbeiträge unter Berücksichtigung Subvention LLS [in CHF pro Monat]
99
Tabelle 31 - Jahreskosten pro Person [in CHF pro Jahr]
107
Tabelle 32 - Anzahl Versicherte pro Leistungskostengruppen
108
Tabelle 33 - Schweizer Krankenkassen: Betriebsaufwand (Verwaltungskosten plus Abschreibungen) im Verhältnis zu den Bruttoleistungen:
111
Tabelle 34 - Schweizer Krankenkassen: Betriebsaufwand pro versicherter Person im Jahr 2007:
112
Tabelle 35 - Varianten der Kostenbeteiligung [in CHF]
146
Tabelle 36 - Jahreskosten nach Kostenbeteiligung bei Leistungsbezug CHF 0.- [in CHF]
146
Tabelle 37 - Jahreskosten nach Kostenbeteiligung bei Leistungsbezug CHF 5'000.- [in CHF]
147
Tabelle 38 - Jahreskosten nach Kostenbeteiligung bei Leistungsbezug CHF 1'000.- [in CHF]
147
Tabelle 39 - Versicherte nach Bruttokostenstufe 2008, gruppiert
148
Tabelle 40 - Gesamtbruttokosten und Szenarien einer Reduktion [in CHF]
149
11
Das Gesundheitswesen umfasst prinzipiell alle Bereiche der medizinischen Versorgung der Bevölkerung eines Landes. Der vorliegende Bericht befasst sich ausschliesslich mit der medizinischen Versorgung im Bereich der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) der Liechtensteiner Bevölkerung.
Der vorliegende Bericht erklärt zum ersten Mal das heutige Gesundheitssystem in einer solch umfassenden Art und Weise und legt gleichzeitig eine Vielzahl an bewerteten Ansätzen zur zukünftigen Gestaltung des Gesundheitswesens vor. Dabei werden einerseits frühere Arbeiten berücksichtigt, andererseits wird aber auch auf weitergehende Fachliteratur eingegangen. Unter Leitung des Ressorts Gesundheit wurden inländische Kommissionsmitglieder sowie ausländische Experten aus dem Bereich Gesundheit mit einbezogen.
Der erste Hauptteil (Teil A) beschreibt das heutige Gesundheitssystem in Liechtenstein mit all seinen Interessensgruppen, involvierten Organisationen, mannigfaltigen Facetten, unterschiedlichen Ausprägungen und Spezialitäten, aber auch seine Berührungspunkte mit anderen landesinternen Bereichen wie beispielsweise dem Sozialsystem oder seine Abhängigkeit von den Nachbarländern, allen voran von der Schweiz.
Das Gesundheitssystem Liechtensteins ist ein hochkomplexes System und die medizinische Versorgung der Bevölkerung erfolgt auf sehr hohem Niveau bei bester Qualität, allerdings bei entsprechend hoher Kostenstruktur. Ein komplexes System wie das Gesundheitswesen Liechtensteins bietet viele Ansätze zu Veränderungen und Verbesserungen. Die Veränderung eines Parameters kann Auswirkungen auf andere Parameter und Systembereiche haben. Massnahmen müssen in ihrer Gesamtheit betrachtet werden, die isolierte Betrachtung einzelner Massnahmen ohne deren Auswirkung auf das Gesamtsystem ist zu vermeiden.
Der zweite Hauptteil (Teil B) zeigt konkrete Lösungsansätze zur zukünftigen Gestaltung des Gesundheitswesens in Liechtenstein auf. Für jeden Ansatz wird eine Empfehlung formuliert. Einige Ansätze sind bereits weitgehend konkretisiert dargelegt, andere bedürfen weiterer Analysen und Detaillierungen, bevor eine Umsetzung in Angriff genommen werden kann.
12
Dabei orientieren sich die Lösungsansätze sowie deren Konkretisierung und Bewertung an folgenden übergeordneten Zielen:
Ziele im Rahmen der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens Liechtensteins:
Schaffung eines effektiven und effizienten Versorgungssystems durch Einführung von Anreizsystemen für die Gesundheitsanbieter (Leistungserbringer und Krankenkassen) bei gleichzeitiger Steuerung der Gesundheitsleistungen in Form einer integrierten Bedarfs- und Angebotsplanung durch den Staat
Förderung eines bedarfsgerechten Zuganges zum Gesundheitswesen
Sicherstellung einer qualitativ hochstehenden, präventionsorientierten, familienfreundlichen ambulanten und stationären Basisversorgung im Inland (Motto: Prävention vor kurativer Medizin, wenn kurativ notwendig, dann effektiv und effizient)
Etablierung einer standardisierten Qualität der Leistungserbringung
Finanzierung der Leistungen der Obligatorischen Krankenpflege-versicherung (OKP) primär durch Prämien und Kostenbeteiligung bei gleichzeitiger Reduktion der Staatsbeiträge
Die Grundformel zur Bestimmung der Kosten im Gesundheitswesen lautet:
Kosten = Menge x Preis.
Um eine Kostendämpfung in der Entwicklung des Gesundheitswesens Liechtenstein erreichen zu können, müssen beide Parameter dieser Grundformel, nämlich die Menge wie auch der Preis, mit geeigneten Massnahmen möglichst reduziert werden. Der Bericht beschreibt dazu Lösungsansätze, welche - direkt oder indirekt - entweder die Menge oder den Preis beeinflussen.
Es wäre aber falsch, das Gesundheitswesen nur auf die Kostenfrage zu reduzieren. Denn es muss auch gelingen, die sehr hohe Qualität in der medizinischen Versorgung beizubehalten. Auch hierzu werden Lösungsansätze dargelegt.
13
Nur eine Kombination verschiedener Lösungsansätze kann nachhaltig positive Entwicklungen erreichen.
Für die zukünftige Gestaltung des Gesundheitswesens Liechtenstein ist die Voraussetzung und Notwendigkeit, dass alle Interessensgruppen - namentlich die Versicherten, die Leistungserbringer, die Krankenkassen und die Politik bzw. der Staat (inkl. Rahmenbedingungen wie Systemstruktur und Systemtransparenz) - gemeinsam an der Gestaltung und Umsetzung mitwirken. Alle Interessensgruppen werden dabei einen Beitrag leisten und teilweise auch unpopuläre Massnahmen mittragen müssen.
Abbildung 1 - Die vier Interessensgruppen
Quelle: Eigene Darstellung
Folglich werden die dargelegten Lösungsansätze zur zukünftigen Gestaltung des Gesundheitswesens Liechtensteins entlang dieser Interessensgruppen erörtert und bewertet. Das folgende Bild zeigt die Einteilung aller identifizierten Lösungsansätze anhand der vier Interessensgruppen:
14
Abbildung 2 - Übersicht aller Lösungsansätze nach Interessensgruppe
Quelle: Eigene Darstellung
Nicht alle diese Lösungsansätze werden aber im vorliegenden Bericht einer positiven Beurteilung zugeführt. Diejenigen Lösungsansätze, welche zur Umsetzung oder Weiterverfolgung zwecks Konkretisierung empfohlen werden und welche umsetzbar und machbar sowie in ihrem Kosteneinsparpotential mittel bis gross erscheinen, sind in der folgenden Grafik dargestellt. Diese Grafik zeigt somit die wichtigsten Lösungsansätze zur Erreichung der formulierten Ziele:
15
Abbildung 3 - Übersicht aller zur Umsetzung bzw. Weiterverfolgung empfohlener Lösungsansätze
Quelle: Eigene Darstellung
16
Diese Lösungsansätze können entlang folgender Kernaussagen, welche die wichtigsten Charakteristika eines zukunftsorientierten Gesundheitswesens definieren, zusammengefasst werden:
Kernaussagen im Rahmen der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens Liechtensteins:
i. Eigenverantwortung statt Vertrauen auf Dritte
ii. Mengen- und Preisreduktion statt Konsumorientierung
iii. Vorbeugen statt Heilen
iv. Effektive u. effiziente Versorgung statt unkoordiniertes Leistungsangebot
v. Planung und Steuerung statt "Laissez faire"
vi. Transparenz statt Blindflug
vii. Hohe Qualität statt Billigleistungen
i. Eigenverantwortung statt Vertrauen auf Dritte
Eigenverantwortung ist eine Voraussetzung für den bewussten Umgang mit Ressourcen. Im Zusammenhang mit dem Gesundheitswesen heisst dies, dass die Eigenverantwortung hinsichtlich des Konsums von Leistungen erhöht werden muss.
In Liechtenstein profitieren die Prämienzahler heute von hohen Staatsbeiträgen und Prämienverbilligungen. Unselbständig Erwerbende geniessen zudem eine weitere Prämiensenkung durch Arbeitgeberbeiträge. Die Kostenbeteiligung in Liechtenstein ist sehr niedrig, gerade auch im Vergleich mit der Schweiz. In der Folge besteht kaum ein Anreiz für kostenbewusstes Verhalten. Jeder einzelne Versicherte muss vermehrt in die Eigenverantwortung genommen werden. Prämienverbilligungen im Falle wirtschaftlich schlechter gestellter Personen müssen beibehalten bleiben.
In den Bereich eigenverantwortungssteigernder Lösungsansätze fallen:
17
* Erhöhung Franchise und Selbstbehalt
* Einführung Tagespauschale Spital
* Prämiendifferenzierung nach Modellwahl
ii. Mengen- und Preisreduktion statt Konsumorientierung
Im Gesundheitswesen gilt die Grundformel: Kosten = Menge x Preis.
In Liechtenstein fehlt es an Anreizen zur Eindämmung der Mengen (des Konsums), aber auch auf der Preisseite bleibt Optimierungspotential ungenutzt.
Massnahmen zur Kostendämpfung müssen folglich bei der konsumierten Menge und/oder beim Preis ansetzen. Ein positiver Effekt auf die Menge ist gleich durch mehrere Kernpunkte zu erwarten, insbesondere durch Erhöhung der Eigenverantwortung, durch eine wirksame Bedarfsplanung sowie durch Überarbeitung des Leistungskatalogs. Eine generelle Prämienerhöhung bei gleichzeitiger Kürzung staatlicher Subventionen kann einen weiteren Einfluss ausüben, allerdings nur in Kombination mit der Erhöhung leistungsabhängiger Kostenbeteiligung (z.B. Franchise und Selbstbehalt). Auf Seiten des Preises muss das Ziel verfolgt werden, qualitativ hochwertige Leistungen und Medikamente so günstig wie möglich anbieten zu können.
In den Bereich mengen- und preisbewusster Lösungsansätze fallen:
* Generelle Prämienerhöhung (bei gleichzeitiger Kürzung staatlicher Subventionen)
* Senkung Publikumspreise bei Medikamenten
* Einführung Generika-Regelung
* Zentraleinkauf Medikamente und Medizinprodukte
* Einschränkung Prämienverbilligung Pensionistene
18
iii. Vorbeugen statt Heilen
Vorbeugende Ansätze gewinnen im Gesundheitswesen immer mehr an Bedeutung. Einerseits im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung, andererseits im Bestreben, Menschen möglichst lange sicher und selbständig zu Hause leben zu lassen. Letzteres ist gerade auch im Hinblick auf demographische Entwicklungen ein zentraler Kostenfaktor.
In Liechtenstein sind heute bereits viele vorbeugende Ansätze umgesetzt. Dennoch sind entsprechende Massnahmen weiter auszubauen und durch eine "Koordinationsstelle" aus Gesamtsicht möglichst optimal aufeinander abzustimmen.
In den Bereich vorbeugender Lösungsansätze fallen:
* Prävention und Gesundheitsförderung
* Betriebliches Gesundheitsmanagement
* Ausbau Home Care Lösungen
iv. Effektive u. effiziente Versorgung statt unkoordiniertes Leistungsangebot
Das Versorgungssystem muss effektiv und effizient gestaltet werden. Dazu sind Anreizsysteme zu schaffen und Möglichkeiten der heutigen Informations- und Kommunikationstechnologie (im Zusammenhang mit dem Gesundheitswesen wird oft der Begriff eHealth verwendet) müssen besser genutzt werden.
In Liechtenstein wurde das Hausarztmodell eingeführt, aber nach kurzer Zeit wieder abgeschafft. Heute gibt es unter dem Begriff Managed Care verschiedene erfolgreiche Ansätze (nebst Hausarztmodellen auch sog. HMO-Modelle, jeweils mit unterschiedlichen Ausprägungen). Mit Hilfe von Managed Care Modellen sind neue Anreize zu schaffen und damit eine effektivere Versorgung anzustreben. Ein wichtiger Meilenstein war auch die Einführung der elektronischen Leistungsverrechnung, nicht nur hinsichtlich Effizienz, sondern auch in Bezug auf eine erhöhte Transparenz. Auch die Einführung der Versichertenkarte erlaubt es heute, diverse Abläufe effizienter zu gestalten.
19
In den Bereich der Lösungsansätze zur Steigerung der Effektivität und Effizienz fallen:
* Einführung Managed Care Modelle
* Einführung Gesundheitskarte
* Einführung ePatientendossier
* eAuftrags- und Zuweisungswesen
* Ausdehnung elektronische Leistungsverrechnung
v. Planung und Steuerung statt "Laissez faire"
Jeder Konsum wird durch das Angebot beeinflusst. Je grösser das Angebot und je weniger es den einzelnen kostet, desto höher der Konsum. Eine gute Planung kann aber auch darüber hinaus Wirkung zur Kostendämpfung zeigen, sei es beispielsweise durch klar festgelegtes Vorgehen bei bestimmten Symptomen oder bei der Bereitstellung stationärer Leistungen.
In Liechtenstein sind die Bedarfsplanung und der Leistungskatalog heute die wichtigsten Steuerungselemente zur Vermeidung einer weiteren Steigerung des Leistungsangebotes. Beide Bereiche sind verstärkt auch auf den stationären Bereich zu übertragen. Dies gilt insbesondere auch für die Neuausrichtung des Landesspitals im Rahmen des heutigen Leistungsauftrages.
In den Bereich der planenden und steuernden Lösungsansätze fallen:
* Bedarfsplanung (integrierte Bedarfs- und Angebotsplanung)
* Überarbeitung Leistungskatalog / Anschluss an National Medical Board Schweiz
* Neue Behandlungspfade für konkrete Symptome
* Neuausrichtung Landesspital
20
vi. Transparenz statt Blindflug
Eine hohe Transparenz ist Voraussetzung für eine effektive Steuerung der Entwicklungen.
In Liechtenstein kann der heutige Arzttarif diese Bedingung nur eingeschränkt erfüllen. Der in Liechtenstein geltende Tiers Payant (d.h. der Leistungserbringer schickt die Rechnung zur Krankenkasse, der Versicherte erhält von der Krankenkasse nur mehr eine konsolidierte Rechnung) muss zur Erhöhung der Transparenz durch Zustellung einer detaillierten Arztrechnung, samt deklarativer Zeitangaben für die einzelnen Leistungen, an die Versicherten ergänzt werden. Eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit der Leistungen durch die Krankenkassen muss effektiver gestaltet werden. Die heutige Regelung betreffend Zusatzversicherung für die freie Arztwahl trägt ebenfalls nicht zur Transparenz bei, da damit eine Quersubvention aus der OKP einhergeht.
In den Bereich der Lösungsansätze zur Steigerung der Transparenz fallen:
* Revision Arzttarif
* Revision weiterer Tarife
* Deklarative Zeitangaben auf Arztrechnungen
* Wirtschaftlichkeitsverfahren
* Trennung OKP und Zusatzversicherungen
* Aufbau Tarifpool
vii. Hohe Qualität statt Billigleistungen
Die Diskussion rund um die zukünftige Ausrichtung des Gesundheitswesens wird vielfach zu sehr rein auf die Kostenfrage beschränkt, nicht nur in Liechtenstein, sondern auch in umliegenden Ländern. Die Sicherstellung einer qualitativ hochstehenden Versorgung muss aber genauso im Zentrum stehen, vorausgesetzt, die Bevölkerung möchte sich dies leisten. Davon ist in Liechtenstein klar auszugehen - allerdings nicht um jeden Preis.
21
In Liechtenstein gibt es bereits heute verschiedene gesetzliche Bestimmungen, Massnahmen und Kommissionen zur Gewährleistung einer hohen Qualität in der Versorgung. Hierzu zählen beispielsweise die Einführung von OP-Standards (Anforderungen an Operationsräume für bestimmte Eingriffe) oder die Kosten- und Qualitätskommission KQK.
In den Bereich der Lösungsansätze zur Sicherstellung und Steigerung der Qualität fallen:
* Ausbau Qualitätsstandards und -messungen (mehrere Ansätze)
Insgesamt verfolgt der Bericht das Ziel, eine sachgerechte und konstruktive Diskussion rund um die Zukunft des Gesundheitswesens in Liechtenstein zu unterstützen und zu fördern. Einige der dargelegten Ansätze können und sollten rasch realisiert werden, andere hingegen setzen voraus, dass wichtige Eckpunkte für die zukünftige Ausgestaltung des Gesundheitswesens in Liechtenstein festgelegt werden, auf deren Basis eine weitere Konkretisierung vorgenommen werden kann.
Dieser Bericht wurde erstellt durch das Ressort Gesundheit unter Einbezug inländischer Kommissionsmitglieder und ausländischer Experten aus dem Gesundheitsbereich.
Weiteres Vorgehen:
* Ableitung der Implikationen aus den Diskussionspunkten im Landtag zum vorliegenden Bericht
* Weiterentwicklung der im Bericht aufgeführten und zur Umsetzung empfohlenen Lösungsansätze bzw. Massnahmen durch das Ressort in Zusammenarbeit mit Kommissionen und weiteren Experten bei Bedarf
* Erstellung eines differenzierten und stufengerechten Masterplans, inkl. Prioritäten, Meilenstein-, Ressourcen und Budgetplanung durch das Ressort
* Laufende Konkretisierung und Umsetzung gemäss Masterplan
22
Zuständige Ressort
Ressort Gesundheit
Betroffene Amtsstellen
Amt für Gesundheit
23
Vaduz, 4. Mai 2010
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Gesamtschau und Weiterentwicklung des Liechtensteinischen Gesundheitswesens, zu unterbreiten.