Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2013 / 103
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Anlass
2.All­ge­meines
3.Argu­mente für und gegen das Auslandstimmrecht
4.Beschränktes Stimm- und Wahl­recht für Auslandliechtensteiner
5.Fazit, Grund­züge einer gesetz­li­chen Rege­lung und wei­teres Vorgehen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Postulatsbeantwortung der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Stimm- und aktive Wahlrecht Liechtensteiner Staatsangehöriger im Ausland   
 
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Die Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Auslandliechtensteinerinnen und Auslandliechtensteiner (Auslandstimmrecht) war in den letzten 20 Jahren immer wieder Gegenstand von politischen Vorstössen und Meinungsbekundungen verschiedener Seiten. Mit dem vorliegenden Postulat wurde die Regierung beauftragt, die Einführung des Stimm- und aktiven Wahlrechts auf Landesebene von im Ausland wohnhaften liechtensteinischen Staatsangehörigen umfassend zu prüfen und dabei die während der Landtagsdebatte gestellten Fragen hinsichtlich Einschränkungen zu berücksichtigen.
Das Auslandstimmrecht betrifft eine Kernfrage unseres politischen Systems, das weitreichende staatsrechtliche und staatspolitische Fragen aufweist, die sorgfältig zu prüfen und zu beantworten sind. Jede Regelung muss den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Rechtsgleichheit und Willkürfreiheit entsprechen und überdies mit angemessenem Aufwand praktisch durchführbar sein. Es kann nicht einfach eine Regelung aus dem Ausland übernommen werden, sondern es muss das für unsere staats- und verfassungsrechtliche Ordnung und unsere gesellschaftlichen, demographischen und politischen Gegebenheiten passende Modell entwickelt werden.
Das demokratische Prinzip der Betroffenheit ("Stimmberechtigt sind nur jene, welche die Konsequenzen der Entscheidung zu tragen haben") steht im Spannungsverhältnis zum Anliegen der Partizipation, d.h. zum Interesse der mitwirkungsbereiten Auslandliechtensteiner am Stimmrecht, aber auch zum Interesse des Kleinstaates, diese Mitwirkung zu ermöglichen. Dieses Spannungsverhältnis könnte in einem Modell der sogenannten "potentiellen Betroffenheit" aufgelöst werden, das an die (allerdings nur theoretisch erfassbare) Rückkehrwahrscheinlichkeit eines im Ausland wohnhaften Staatsangehörigen anknüpft. Das Stimm-
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recht würde -vereinfacht gesagt - solange weiter bestehen, als vernünftiger Weise mit der Rückkehr gerechnet werden kann.
Konkret würde das Auslandstimmrecht an die Voraussetzung eines früheren mehrjährigen Inlandwohnsitzes geknüpft werden. Ein Eintrag ins Stimmregister würde nur auf Antrag bei der Heimatgemeinde erfolgen, wobei die Wirkung des Eintrags zeitlich befristet wäre. Sinnvoll erscheint eine Frist von bspw. 10 Jahren mit der Möglichkeit der Verlängerung um weitere 10 Jahre, wobei die genaue Ausgestaltung dieser Fristen noch politisch zu diskutieren ist.
Eine solche Regelung würde jedenfalls Personen erfassen, die sich während längerer Zeit aus beruflichen Gründen, zum Zwecke der Aus- und Weiterbildung oder aus anderen Gründen im Ausland aufhalten. Die Befristung des Stimmrechts erscheint als sachgerecht, da die enge Beziehung zum Land und die Vertrautheit mit den liechtensteinischen Verhältnissen typischerweise mit zunehmender Dauer der Landesabwesenheit abnehmen.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen, aber auch aus Gründen der Rechtssicherheit und praktischen Durchführbarkeit, wäre es hingegen problematisch, die Stimmberechtigung auf eine Inland-Erwerbstätigkeit oder sonstige Aktivität in politischen, kulturellen oder gesellschaftlichen Bereichen des Landes zu beziehen.
Das Modell der "potentiellen Betroffenheit" könnte eine sachgerechte, den liechtensteinischen Gegebenheiten Rechnung tragende Lösung für die seit vielen Jahren diskutierte Thematik des Auslandstimmrechts darstellen. Das Modell würde insbesondere den im Landtag geäusserten Bedenken so gut wie möglich Rechnung tragen. Auch wäre eine solche Regelung verfassungsrechtlich haltbar und mit angemessenem Aufwand praktisch durchführbar.
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Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
Betroffene Stellen
Regierungskanzlei
Gemeinden
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Vaduz, 29. Oktober 2013
RA 2013-1001
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Postulatsbeantwortung zu unterbreiten.
1.1Motion vom 2. April 2013/Postulat vom 24. April 2013
Am 2. April 2013 haben die Abgeordneten Helen Konzett Bargetze, Thomas Lageder und Wolfgang Marxer eine Motion zum Stimm- und aktiven Wahlrecht Liechtensteiner Staatsangehöriger im Ausland eingereicht. Die Regierung sollte beauftragt werden, dem Landtag eine Vorlage zur Einführung des Stimm- und aktiven Wahlrechts auf Landesebene von im Ausland wohnhaften Liechtensteiner Staatsangehörigen zu unterbreiten. Im Zuge der Landtagsdebatte vom 24. April 2013 wurde die Motion in ein Postulat umgewandelt und vom Landtag mit folgendem Auftrag an die Regierung überwiesen:
"Die Regierung wird eingeladen, die Einführung des Stimm- und aktiven Wahlrechts auf Landesebene von im Ausland wohnhaften liechtensteinischen Staatsangehörigen umfassend zu prüfen und dabei wenigstens die während der Land-
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tagsdebatte vom 24. April 2013 gestellten Fragen hinsichtlich Einschränkungen zu berücksichtigen."
Die Postulanten begründen ihren Antrag im Wesentlichen damit, dass volljährigen Liechtensteiner Landesangehörigen, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, aufgrund der einschlägigen Bestimmungen der Verfassung das Stimm- und Wahlrecht abgesprochen werde. Die Postulanten schlagen vor, das aktive Wahlrecht und Stimmrecht für Auslandliechtensteiner auf Landesebene einzuführen, nicht aber auf Gemeindeebene. Liechtensteiner im Ausland seien stark von Entscheidungen auf Landesebene betroffen, während hingegen die Entwicklungen auf Gemeindeebene meist nur die dort ansässigen Menschen beträfen. Das Wahlrecht solle so beschränkt werden, dass Auslandliechtensteiner die Landtagsabgeordneten wählen, sich aber nicht selbst zur Wahl aufstellen lassen könnten. Die Teilnahme als Kandidat an einer Wahl setze eine noch engere Verbindung zum Land voraus als die blosse Stimmabgabe. Als Bürger des Landes sei jeder integraler Teil der Nation und solle an dessen Schicksal ein aktives Mitbestimmungsrecht unabhängig vom Wohnort besitzen.
Die ersten Vorstösse zur Einführung eines Stimm- und Wahlrechts von Auslandliechtensteinern lägen bereits rund 20 Jahre zurück. Die Anliegen der Auslandliechtensteiner seien bisher vor allem mit der Begründung abgewiesen worden, dass Auslandliechtensteiner über weniger Informationen zum politischen Geschehen verfügten und das Interesse an der Liechtensteiner Politik im Allgemeinen gering sei. Zudem seien die Auswirkungen auf das Wahl- und Stimmergebnis durch eine verhältnismässig hohe Anzahl von Stimmen der Auslandliechtensteiner überproportional hoch und schliesslich sollten die politischen Entscheidungen von jenen getroffen werden, die deren Konsequenzen zu tragen hätten.
Die Postulanten argumentieren, dass in der heutigen globalisierten Zeit interessierte Staatsangehörige sich jederzeit und überall über das politische Geschehen
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in Liechtenstein informieren könnten, so dass kein Informationsdefizit vorhanden sei. Die Umfrage des Liechtenstein-Instituts zur Studie "Auslandwahlrecht - Pro und Contra sowie Einstellungen Liechtensteiner Staatsangehöriger im Ausland" vom November 2012 zeige, dass bei Auslandliechtensteinern ein beachtlicher Informationsstand über die liechtensteinische Politik vorhanden sei. Besonderes Interesse würden jene aufweisen, die klare Rückkehrabsichten hätten. An den Wahlen und Abstimmungen würden sich letztendlich nur jene Auslandliechtensteiner beteiligen, die mit dem Land verbunden seien und die politische Diskussion über die Medien mitverfolgten, genau wie dies momentan bei den Inlandliechtensteinern der Fall sei.
Die Postulanten bringen vor, dass ein Grossteil der europäischen Staaten, darunter auch andere europäische Kleinstaaten, ein Stimm- und Wahlrecht für im Ausland wohnhafte Staatsbürger kenne. Die Wahl- und Abstimmungsbeteiligung von im Ausland wohnhaften Staatsbürgern liege in Ländern, die dieses Recht kennen würden, praktisch immer unter der Beteiligung der im Inland wohnhaften Bürger und habe somit einen geringen Einfluss auf die Ergebnisse. Grundsätzlich solle ein Grundrecht aber nicht davon abhängig gemacht werden, wie viele Personen es beanspruchen würden. Eine Ausweitung des Stimm- und Wahlrechts könne als Stärkung der demokratischen Werte, des Zusammengehörigkeitsgefühls und der Verbundenheit zum Land angesehen werden.
Die Postulanten führen aus, dass die Politik auch weiterhin vor allem von den im Land lebenden Stimmberechtigten geprägt würde. Die Auslandliechtensteiner als Teil der Nation würden jedoch einen zusätzlichen Beitrag zur politischen Diskussion leisten und diese dadurch bereichern. Auslandliechtensteiner seien in sehr hohem Masse von politischen Entscheidungen des Landes betroffen und ein Mitspracherecht sollte ihnen deshalb zugestanden werden.
Stichwörter
Aus­land­liech­tens­teiner, Postu­lats­be­ant­wor­tung betr. Stimm- und Wahl­recht derselben
Postu­lats­be­ant­wor­tung betr. Stimm- und Wahl­recht der Auslandliechtensteiner
Stimm- und Wahl­recht der Aus­land­liech­tens­teiner, Postulatsbeantwortung
Wahl- und Stimm­recht der Aus­land­liech­tens­teiner, Postulatsbeantwortung